„Quellen aus der Schweiz für die Welt: jederzeit, überall, für alle“ – Neue Kooperationen der NB im digitalen Zeitalter

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  1. 1. Karin von Wartburg

    Schweizerische Nationalbibliothek

  2. 2. Matthias Nepfer

    Schweizerische Nationalbibliothek

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Die

Schweizerische Nationalbibliothek

NB ist eine Gedächtnisinstitution des Bundes. Gemeinsam mit anderen Bibliotheken, mit den Archiven und Museen trägt sie zur Erhaltung des kulturellen Erbes der Schweiz bei. Sie überliefert Texte, Bilder und Töne, die einen Bezug zur Schweiz haben, auf analogen und digitalen Trägern. Sie verfügt inzwischen über rund fünf Millionen Dokumente, die zum grössten Teil seit der Gründung des Bundesstaates 1848 entstanden sind. Zu der NB gehören das Schweizerische Literaturarchiv SLA, das Centre Dürrenmatt Neuchâtel CDN und die Fonoteca Nazionale FN.

In ihrer
Strategie stellt sich die NB den digitalen Herausforderungen und bekennt sich dazu, ihre Inhalte weltweit zugänglich machen zu wollen: „Quellen aus der Schweiz für die Welt.“ Damit soll jeder und jedem Einzelnen ermöglicht werden, diese Dokumente für die eigenen Bedürfnisse zu nutzen. Im Fokus sind dabei Personen, für die die Sammlung der NB von Bedeutung ist: Studierende, Fachleute und Forschende der Kulturwissenschaften, vor allem aber die Schweizer Bevölkerung. In strategischen Handlungsfeldern wird festgelegt, dass die Sammlung der NB leicht zu finden und einfach zu benutzen sein soll. Ausserdem wird der Anspruch formuliert, die Personen, die an unseren Beständen forschen mit Dienstleistungen und Beratung wirkungsvoll zu unterstützen. Im Fokus sind dabei die Literaturwissenschaft, die Schweizer Geschichte und die Auswertung von Bildbeständen.

Ausgangslage für die Formulierung dieser strategischen Handlungsfelder war eine
Umfeldanalyse, bei der zwei Herausforderungen und einen Trend identifiziert worden waren.

Eine
erste Herausforderung besteht darin, dass jede Informationssuche im Internet mit einer Suchmaschine beginnt – nicht mit einem Bibliothekskatalog, einer Archivdatenbank oder einem Portal von Gedächtnisinstitutionen. Dies entspricht der eigenen persönlichen Erfahrung und es wird durch diverse Studien (Eine Zusammenstellung der Befunde bei
Silipigni Connaway et al. 2010) bestätigt: Es ist auch bekannt, dass die Online-Enzyklopädie Wikipedia unter den ersten Treffern erscheint, sofern darin ein Artikel zum gesuchten Thema vorhanden ist. Die relevanten Metadaten und/oder Inhalte von Gedächtnisinstitutionen erscheinen – wenn überhaupt – viel weiter unten in der Liste der Suchresultate.

Eine
andere Herausforderung sind die hohen Erwartungen der Benutzenden: Diese wollen nicht nur die Metadaten, also die Beschreibung von Inhalten finden, sondern auf diese jederzeit und von überall her zugreifen können, um sie sofort für die eigenen Zwecke verwenden zu können.

Der Open-
Trend ist eine Chance: Der Ruf nach Öffnung von Daten ist ein weltweiter Trend, die Rede ist von Open Access, Open Government Data, Open Data, OpenGLAM, usw. Gedächtnisinstitutionen – oder eben die mit dem Akronym GLAM gemeinten Galleries, Libraries, Archives and Museums – folgen bei der Erschliessung internationalen Standards und verwenden Normdaten. Ihre Metadaten, vor allem die bibliografischen Beschreibungen der Bibliotheken, gelten als qualitativ hoch stehend. Mit den fortwährenden Digitalisierungsbemühungen werden ausserdem laufend attraktive Inhalte auf verschiedenen Plattformen online gestellt. Communities wie die Wikipedianer, Open Data- und Public Domain-Aktivistinnen, sowie Forschende der Digital Humanities interessieren sich für diese Daten, sofern sich diese dank einer freien Lizenz problemlos weiterverwenden lassen.

Die
Umsetzung der Strategie hat zu neuen Handlungsfeldern und auch zu neuen Kooperationen geführt, die in diesem Vortrag vorgestellt werden sollen.

Neue Kooperationen und Aktivitäten sind beispielsweise im Umfeld von
OpenGLAM
1 zu verzeichnen.

Die NB strebt an, die eigenen Daten gemäss den von Open Knowledge International verabschiedeten Prinzipien sichtbar und für diverse Nutzungen möglichst frei verfügbar zu machen. Ausserdem soll die Nachnutzung der offenen Daten aktiv gefördert werden.
Die NB stellt den Forschenden resp. allen an ihrer Sammlung interessierten Personen Metadaten, Normdaten, Digitalisate (Text und Bilder) und originär digitale Ressourcen (Webseiten, e-Medien) zur Verfügung. Die Daten werden nach Möglichkeit offen, ohne organisatorische, technische oder finanzielle Hürden zur Verfügung gestellt. Zusätzlich zum eigenen Bibliothekssystem und der eigenen Archivdatenbank werden dafür gut sichtbare, stark frequentierte Plattformen wie die Mediendatenbank der Online-Enzyklopädie Wikipedia, Wikimedia Commons oder das Portal für Schweizer Behördendaten opendata.swiss verwendet.
Um die Nutzung der Daten zu fördern und mit interessierten Communities in Kontakt zu treten, beherbergte die NB 2015 den ersten Kulturdaten-Hackathon in der Schweiz, an dem auch Forschende der Digital Humanities teilnahmen. Der an diesem Hackathon entwickelte Prototyp Gugelmann-Galaxy zeigt exemplarisch, welche unerwarteten, innovativen Nutzungen „geschehen“ können wenn Gedächtnisinstitutionen gezielt Teile ihrer Sammlung aus den Datensilos befreien und der Öffentlichkeit zur Weiterverwendung überlassen.
Grundlage für diese OpenGLAM-Aktivitäten waren einerseits die 2012 verabschiedete Open-Data-Strategie der NB, andererseits die 2013 abgeschlossene Kooperationsvereinbarung mit Wikimedia Schweiz. Nachdem die NB beschlossen hatte, ihre Metadaten und Inhalte „möglichst offen“ zur Verfügung zu stellen, war der Weg frei, mit Wikimedia Schweiz eine langfristige Zusammenarbeit zu vereinbaren und als erste Massnahme temporär zwei Wikipedians in Residence (vgl.
https://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedian_in_residence#cite_note-Outreach-18 ) zu beherbergen.

Ein weiteres Handlungsfeld ist im Bereich der
digitalen Erschliessung entstanden. Hier stehen laufendende Kooperationen mit Akteuren der Schweizer Geschichtswissenschaft im Fokus, deren Unterstützung, u.a. durch die Weiterentwicklung der von der NB herausgegebene Bibliographie der Schweizer Geschichte BSG, ein strategisches Ziel darstellt.

Ein wichtiges Projekt in diesem Bereich ist Metagrid
2 bei welchem die NB seit Beginn des Projekts als Projektpartner beteiligt ist. Der Webservice Metagrid ermöglicht die Einrichtung, Verwaltung und Analyse von Links zwischen identischen Identitäten von verschiedenen Websites und Datenbanken. Seit Sommer 2016 sind der Katalog Helveticat und die BSG in Metagrid integriert und via Metagrid-Widget abrufbar. Zur Zeit beschränkt sich der Webservice auf Personennamen. Die NB liefert dem Webservice Namen von Autoren und Persönlichkeiten, welche mit einer GND-Nummer verknüpft sind. Auf diese Weise können andere Projektpartner von Metagrid die eindeutige, in der Bibliothekswelt weit verbreitete Identifikationsnummer direkt übernehmen.

In einem Pilotprojekt mit der Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins werden seit 2015 von der Rechtsquellenstiftung für deren Online-Editionen benötigte Literatur in der Datenbank der BSG erfasst, resp. die schon in der BSG vorhandenen Katalogisate angepasst.
3 Dank dieser Kooperation können Doppelspurigkeiten bei der Literaturerfassung vermieden, durch die gegenseitige Verlinkung die Visibilität der verschiedenen Projekte erhöht und die weiterführende Recherche für die Benutzenden vereinfacht werden. Die BSG entwickelt sich dadurch von einem auf blosse bibliografische Nachweise orientierten Literaturverzeichnis hin zu einem „Literaturportal“ oder „Informationsraum“ für Literatur zur Schweizer Geschichte (Wissen 2008: 223ff.). Datenbanken mit historischem Content erhalten so die Möglichkeit, Literaturnachweise zur Schweizer Geschichte in der BSG zu holen, zu verlinken und barrierefrei nachzunutzen.

Im Vortrag werden ausgewählte Resultate präsentiert, die für Forschende der Digital Humanities potentiell von Interesse sein könnten, wie zum Beispiel die Inhalte der NB auf Wikimedia
Commons,
opendata.swiss oder dem Pilotportal
Linked Data Service LINDAS, der Prototyp
Gugelmann-Galaxy, Verwendungen des Webservices
Metagrid und die Veranstaltung
Open Cultural Data Hackathon. Ausserdem wird die
Nutzung resp. der Nutzen aus Sicht der NB thematisiert und ein vorläufiges Fazit gezogen. Am Schluss wird bezüglich den Handlungsfeldern und den Kooperationen ein Ausblick in die nähere und fernere Zukunft gewagt.

OpenGLAM ist eine Initiative von Open Knowledge International die eine Öffnung der Gedächtnisinstitutionen propagiert. Das Schweizer Chapter von Open Knowledge International ist der Verein
opendata.ch.

Metagrid ist ein Projekt der Schweizerischen Akademie der Geisteswissenschaften SAGW, durchgeführt von den Diplomatischen Dokumenten der Schweiz DDS mit der Unterstützung des Historischen Lexikons der Schweiz HLS. Vgl. www.metagrid.ch
Im Rechtsquellenportal des Staatsarchivs Zürich werden die in der Datenbank BSG bearbeiteten bibliografischen Aufnahmen im Literaturverzeichnis abgebildet (
http://www.rechtsquellen-online.zh.ch/startseite/literaturverzeichnis). In der Personendatenbank der Rechtsquellenstiftung hingegen werden für weiterführende Literatur direkt Links auf die Datenbank BSG gesetzt (https://www.ssrq-sds-fds.ch/persons-db/?query=per001666&query-type;=perid).

Bibliographie

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Wissen, Dirk (2008):
Zukunft der Bibliographie – Bibliographie der Zukunft. Eine Expertenbefragung mittels Delphi-Technik in Archiven und Bibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Berlin: Logos.

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In review

DHd - 2017
"Digitale Nachhaltigkeit"

Hosted at Universität Bern (University of Bern)

Bern, Switzerland

Feb. 13, 2017 - Feb. 18, 2017

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Contributors: Patrick Helling, Harald Lordick, R. Borges, & Scott Weingart.

Series: DHd (4)

Organizers: DHd